Du suchst noch ein stilvolles Weihnachtsgeschenk?
Ich hab 10 hochwertige Tipps für dich: von Büchern über Becher hin zu Bittersüßem.
Was schenkt man jemandem, der schon alles hat? Schönes. Angenehmes. Luxuriöses. Und darauf zielt meine kleine Liste ab.
Manches davon besitze ich schon, anderes steht auf meinem Wunschzettel. Und bitte versteht mich hier nicht falsch. Mir geht es hier keineswegs um Konsum, ums Geld ausgeben, Geschenke anhäufen. Kaufen, kaufen, kaufen. Shoppen. Materialismus – Kapitalismus! Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Reduktion. Weniger statt mehr. Dafür Besonderes. Nachhaltiges. Vielleicht sogar Bedeutsames.
Na ja, wir wollen’s mal nicht übertreiben. Aber bei all meinen Hinweisen bleibt immer noch Raum für Besinnlichkeit. Fürs Nachdenken übers vergangene Jahr. Fürs Refokussieren auf manch einen Spruch, den der Wanderprediger Jeschua Ha-Nozri – bekannt aus Bulgakows Meister und Margarita – vor 2000 Jahren entäußert hat. Mein Favorit (als heimlicher Adept des Dadaismus): „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“
Aber genug der Vorrede – auf zu Anregendem für Körper, Geist und Seele!
1. Winterliche Berliner Fotokunst

Die Berlin Edition der Fotoagentur Ostkreuz hab ich schon in Schöne Künste #1 empfohlen. Jetzt hat die Agentur nachgelegt und der Edition einige Wintermotive hinzugefügt, z.B. zwei Männer, die 1982 Tannenbäume durch den Prenzlauer Berg tragen, fotografiert von Harald Hauswald, Silvester 2019 auf der Admiralsbrücke festgehalten von Sebastian Wells, oder Sibylle Bergemanns 1990 geschossener Potsdamer Platz.
Wer endlich mal richtige Kunst verschenken will – signiert und hochwertig auf Fine-Art-Papieren von Hahnemühle hergestellt –, sollte vor Weihnachten unbedingt im Ostkreuz-Shop vorbeischauen. Das große Format (30 x 40 cm) kostet 220 Euro, das kleine (18 x 24 cm) 100 Euro.
2. Schmeichelhafter Stoff für die Nase

Niesen hat es gesellschaftlich nicht leicht. Zuerst versuchten Pedanten, das „Gesundheit!“-Sagen abzuschaffen. (Der Niesende sollte sich nun stets entschuldigen, als ob er Schuld auf sich geladen hätte). Dann, mit der Corona-Pandemie, geriet jeder Niesende unter Generalverdacht, der nächste Superspreader zu sein – Staatsfeind Nr. 1 – und wurde mit bösen Blicken beworfen. Seither wird, wer niest, ins Homeoffice verbannt, auf dass er bloß niemanden anstecke.
In Anbetracht dieser angespannten Lage sei der Nase etwas Schönes vergönnt: ein Stofftaschentuch der böhmischen Traditionsmarke Pilz. Es kommt in vielen Designs daher, mir gefällt das Kleinkarierte sehr gut – unbenutzt bzw. frisch gewaschen funktioniert es auch als Einstecktuch. Geliefert werden die Nasenschmeichler in einer stilvollen Retro-Schachtel inklusive kleinem Zinn-Fliegenpilz. Und natürlich passen sie nicht nur in die Brust- oder Hosentaschen von Herren, sondern auch in solche von Damen.
3. Ein To-go-Becher aus feinstem Porzellan
Eigentlich sollte man Kaffee nicht unterwegs trinken. Dafür ist das Getränk viel zu wertvoll. Kaffee gehört entweder in Ruhe zu Hause verzehrt. Oder auf die Schnelle am Tresen einer Espresso-Bar. Ja, und dann gibt es noch viele Mischformen dieser beiden Extreme. Aber to go ist eigentlich ein No-Go. Es gibt eine Ausnahme: Wenn man den Kaffee in einem Becher aus feinstem Porzellan transportiert, verziert mit einem klassischen Relief aus dem Jahr 1790. Den gibt es bei der Königlichen Porzellan-Manufaktur in Berlin mittlerweile in vielen Farben. Die einzig Wahre ist natürlich Weiß.
4. Eine ganze Welt in einem einzigen Buch
Solch ein Buch kauft man sich selten selbst – v.a., weil’s ein bisschen was kostet (UVP: 89 Euro). Aber dafür bekommt man ein Kunstwerk, das eigentlich viel wertvoller ist, sowohl die Form als auch den Inhalt betreffend. Die Welt der Renaissance (Galiani Verlag, 2020) ist kein Buch, dass man mit gezücktem Stabilo Boss von vorne bis hinten durcharbeitet. (Es ist viel zu schön, um darin rumzuschreiben.) Erst mal blättert man darin und staunt. Erfreut sich an seiner Gestaltung – seinen Abbildungen. Dann liest man das Vorwort des Herausgebers und Übersetzers, des Dichters und Renaissance-Kenners Tobias Roth.
Dann ein Blick ins Inhaltsverzeichnis, man orientiert sich an Namen, die man kennt: Petrarca, Boccaccio, Lorenzo de’ Medici, Leonardo da Vinci, Machiavelli, Michelangelo, Vasari, Amerigo Vespucci, um nur die Blockbuster zu nennen. Insgesamt sind 68 Autoren versammelt. Dann schaut man nach Themen, die einen interessieren: Die Pest von 1348, Verbotene Novellen, Auf der Suche nach Muße, Sonette über die 16 Stellungen, Der Koch der Päpste, Zur Bedeutung der Nase. Schlägt Dinge bei Wikipedia nach, googelt. Und eh man sich’s versieht, hat man das halbe Buch gelesen – und eine spannende Epoche ein wenig besser kennengelernt.
5. Ein luxuriöser Schwarztee aus Paris
Das Beste an den Galeries Lafayette in der Berliner Friedrichstraße ist – da sind sich alle einig – die Lebensmittelabteilung. Die Boulangerie-Patisserie, die Käse-, Wurst-, Fleisch- und Fischtheke, die Weinabteilung, der Supermarkt mit allerlei französischen Leckereien – kein Wunder, dass Angela Merkel hier des Öfteren beim Einkaufen „erwischt“ wurde.
Auch ich kaufe hier ab und an ein, Törtchen, Küchlein und Champagner für meinen Geburtstag und Tee bei Mariage Frères. Für Letzteren musste ich früher stets nach Paris reisen, wo ein Besuch des Stammhauses im Marais mehr lohnt als ein Abstecher zum Eiffelturm. Jetzt steige ich einfach in die U7, dann in die U6 und bestelle schließlich je 100 Gramm meiner zwei Favoriten: Roi des Earl Grey (oft ausverkauft) und Russian Breakfast. Schlagt unbedingt dieses Jahr noch zu, 2024 schließt das Luxuskaufhaus!
6. Eine formvollendete Espressokanne
Wer sich keine ordentliche Siebträgermaschine leisten will oder kann oder keinen Platz oder Nerv dafür hat, für den gibt es nur eine Alternative: die gute, alte Espressokanne a.k.a. caffettiera. Ganz Italien kocht damit seit mehr als einem halben Jahrhundert ihren Kaffee – und ganz Italien kann in Sachen Kaffee nicht falsch liegen. Wem der Klassiker – die Moka express von Bialetti inklusive ihrem „kleinen Mann mit Schnauzbart“ – zu schnöde ist, der kann mittlerweile auf eine Vielzahl anderer schöner Designs zurückgreifen.
Ich habe mir vor ein paar Jahren die Alessi Pulcina zugelegt, und kann sie nur wärmstens weiterempfehlen. Formvollendet gestaltet von Memphis-Mitbegründer Michele de Lucchi, verschönert sie jede Herdplatte. Elegant getreppt, sanft geschwungen, ausgestattet mit einem kecken Schnabel. So bereitet jede Kaffeezubereitung Sinnesfreude!
7. Ein Abonnement fürs Klassik-Paradies
Stundenlang kann man sich in der Klassikstreaming-App IDAGIO verlieren, wenn man sich in die Untiefen ihrer Informationen begibt. Was hat der Dirigent, das Ensemble, der Solist noch eingespielt? Welche Interpretationen des Werkes gibt es noch? Wann genau und wo ist das Ganze passiert?
IDAGIO ist – für Klassische Musik mit ihren vielen Parametern wichtig – ein Metadaten-Paradies, in dem alles wohl geordnet und miteinander verknüpft ist, sodass man nicht wie bei Spotify und Co. nach dem zweiten Abbiegen gegen eine Wand läuft. Zusätzlich gibt es kuratierte Playlists, exklusive Veröffentlichungen, eingebettete CD-Booklets, Echtzeitvergleich zwischen unterschiedlichen Aufnahmen und verlustfreie Audioqualität (FLAC 16bit 44.1kHz). Hach, während ich hier schreibe, schließe ich schon wieder ein Abo ab, nur um dann festzustellen, dass ich eh keine Zeit für diese grandiose App hab …
8. Ein bittersüßer Gruß aus Venedig
Venedig ist die Stadt des Aperitifs. Die Seeluft animiert dazu, die vielen kleinen Campi (Plätze) und Bàcari (Bars), die Cicchetti (Häppchen) und Bocconcini (Leckerbissen), aber v.a. natürlich der Spritz. Er kommt in drei Varianten daher: all’Aperol, al Campari und al Select, sowohl mit einer Orangenscheibe als auch mit einer aufgespießten Olive. Aperol, klar, kennen wir alle. Campari auch, wenngleich nicht in Kombination mit Schaumwein. Aber was zum Heiligen Markus ist Select?
Es handelt sich dabei um einen Bitter, der lange Zeit fast ausschließlich in Venedig zu bekommen war. Er ist fruchtiger und im Abgang nicht ganz so bitter wie Campari. Seit 2018 kommt er im schicken Retro-Design daher, das an seine Anfänge in den 1920er Jahren erinnert. Sogar eigene Gläser gibt’s. In Berlin verkauft ihn z.B. eine meiner Lieblingsvinotheken: altrovino am Rande des Graefekiez, ein toller Ort für italienische Weine. Cin cin!
9. Schöne Musik auf schönem Vinyl
Dass ich einmal unsterblich in die deutsche Soul-Queen Joy Denalane verliebt war (und es immer noch ein bisschen bin), hab ich euch bereits im letzten Newsletter gestanden. Dort hab ich mich außerdem lautstark über ihr neues Album Willpower gefreut. Wie lautete noch mal mein Resümee? „Authentische, tiefgründige, handwerklich überaus gut gemachte Musik.“ Genau.
Dass es das Album aber auch als wunderschöne Vinyl gab, hatte ich damals verschwiegen. Das Tolle an Schallplatten ist ja, dass das Coverdesign auf der großen Hülle viel besser wirkt als bei einer CD oder – Achtung: Kulturpessimismus! – auf einem winzigen Smartphone-Display. Die anmutigen Bilder von Fotograf Timothy Schaumburg entfalten dort erst ihre volle Wirkung. Und die Schallplatte selbst ist auch sehr schön gestaltet: Die Rillen ziehen sich durch PVC aus elegantem Off-White; in der Mitte erstrahlt ein lebensbejahendes, orangefarbenes Etikett. (Auf der B-Seite ist es von glückstiftendem Pink.) Ihr merkt: Ich bin schon wieder verliebt!
10. Ein Münchner TV-Triptychon
Dieser Geschenktipp ist a bissel verschachtelt. Er betrifft den Münchner Kult-Regisseur Helmut Dietl sowie seine drei Münchner Kult-Serien Monaco Franze, Kir Royal und Münchner Geschichten. Letztere gilt es als DVDs bzw. Blu-rays zu verschenken. Falls der zu Beschenkende diese schon besitzt, dann sollte man die Drehbücher zu den drei Serien verschenken, die der Penguin-Verlag vor vier Jahren in einem schönen Schuber versammelt hat (inklusive Vorwort von Patrick Süskind, der an den Serien ja teils mitgeschrieben hat).
Zusätzlich oder stattdessen kämen noch Dietls Autobiografie A bissel was geht immer: Unvollendete Erinnerungen (Kiepenheuer & Witsch, 2016) und/oder Claudius Seidls wunderbare Biografie Helmut Dietl. Der Mann im weißen Anzug (Kiepenheuer & Witsch, 2022) in Frage. Und wer all das schon hat, dem sollte man das 25-teilige Postkarten-Set mit Originalsprüchen des ewigen Stenz schenken. Amazon-Rezensent: „Meinem Schwiegersohn hat das Geschenk gefallen!“
Das war’s. Wenn euch die Tipps gefallen haben, schickt sie gerne an eure Freunde weiter. Ich nehm mir fest vor, mich noch mal zu melden, bevor das Christkind vor der Tür steht. Ein Ass hab ich nämlich noch im Ärmel. Bis dahin: Fahrt schon mal ein bisschen runter. Lasst euch nicht mehr allzu sehr stressen. Zündet Kerzen an, esst Schokolade, trinkt Glühwein und hört schöne Musik. Weihnachten ist schließlich nur einmal im Jahr.